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Wer fragt, der führt

Fragetechniken in der Führung, im Coaching und in der Mediation

In der vierten Folge des Podcasts „Fokus Mediation“ sprechen Mediator Pascal Gemperli und Prof. Dr. Gernot Barth über das Thema „Fragetechniken“.

Gelingende Mediation basiert auf einem Dreieck: Prozess, Haltung und Tools. Die Fragetechniken gehören in den Methodenkoffer von Führungskräften, Mediatorinnen und Mediatoren, Coaches und weiteren Konfliktinteressierten.

Wer fragt der führt

Zentraler Leitgedanke des Gesprächs ist: „Wer fragt, der führt.“ Gute Führung bedeutet jedoch nicht, Lösungen vorzugeben, sondern mit Fragen den Raum zu öffnen und zuzuhören. Das klingt einfach, ist aber gerade in Konflikten schwer, weil Menschen gewöhnlich zuhören, um zu antworten – nicht um Fragen zu stellen. Gut ausgebildete Konfliktberater hören dagegen zu, um weiter zu fragen. Dazu gehört auch, anfangs still zu sein, Redebedürfnisse zuzulassen, zu spiegeln und zusammenzufassen, damit sich die Parteien gesehen fühlen. Führung ist hierbei ein Wechselspiel: Die Mediator*in führt mit der Frage, die Partei führt mit ihrer Antwort – und daraus entsteht die nächste Frage.

Fragetypen nach Karl Tomm

Ein roter Faden des Gesprächs ist die Systematik von Karl Tomm. Er unterscheidet vier Fragetypen, die sich gut mit den Phasen der Mediation verschränken lassen. Erstens die linealen Fragen: Sie klären den Sachverhalt im Hier und Jetzt – Daten, Rollen, Abläufe, Rahmen. Warum-Fragen, die kausal in der Vergangenheit graben, sind dabei weniger hilfreich als Fragen nach dem, was gegenwärtig los ist.

Zweitens die reflexiven Fragen: Sie lenken den Blick von Vorwürfen zurück auf die eigene Innenperspektive („Was ist Ihnen wichtig?“, „Wovor haben Sie Sorge?“) und fördern Selbstklärung.

Drittens die zirkulären Fragen: Sie machen das System sichtbar, indem sie nach vermuteten Sichtweisen Dritter fragen („Was glauben Sie, wie Ihre Leiterin das einschätzt?“, „Was würde Ihre Nachbarabteilung dazu sagen?“). Solche Fragen sind anstrengend, können aber Zuschreibungen entlarven und Perspektivwechsel ermöglichen.

Viertens schließlich die strategischen Fragen: Sie enthalten eine Richtungsidee oder Intervention und sind sparsam einzusetzen – etwa dann, wenn ein Prozess festzustecken droht. Sie können auch in lösungsorientierte Zukunftsfragen übergehen („Wo sehen Sie die Zusammenarbeit in drei Jahren?“).

Die perfekte Frage im richtigen Moment

Die „perfekte Frage im perfekten Moment“ kann einen Wendepunkt in einer Mediation bedeuten. Ein Beispiel: In einer eskalierten Teamkonstellation sagt eine Partei plötzlich: „Wenn wir gut zusammenarbeiten würden, wären wir unschlagbar.“ Diese Aussage aufgreifend bittet der Mediator, das Bild der „unschlagbaren Zusammenarbeit“ konkret zu beschreiben. Die Parteien entwickeln daraus emotionale Energie und praktische Rituale – etwa ein tägliches kurzes Abstimmungstelefonat –, die den Konflikt in konstruktive Bahnen lenken. Solche Momente wirken, weil gute Fragen das Emotionale berühren, Selbstwert und Zugehörigkeit ansprechen und damit Handlungsfähigkeit zurückbringen.

Skalierungsfragen fördern Grautöne

Hilfreich sind zudem Skalierungsfragen, um Grautöne statt Schwarz-Weiß-Denken zu fördern: „Auf einer Skala von eins bis zehn: Wo stehen Sie gerade?“. Dabei steht die eins für „zum Weglaufen“ und die zehn für „unerträglich gut“. Und weiter: „Was bräuchten Sie, um von vier auf fünf zu kommen?“. So wird das Unscharfe konkret, Fortschritt messbar und über kleine Schritte verhandelbar – etwa beim Thema Vertrauen „Wie viel brauchen Sie, um arbeitsfähig zu sein: fünf oder sieben?“.

Wer fragt der führt – durch Zuhören

Zum Abschluss fassen beide zusammen: Fragen führen – und wer führt, tut das vor allem durch Zuhören. Führungskräfte sollten in eskalierten Konflikten die spontane Ratschlaggabe zügeln, Fragen stellen und zuhören. Die Haltung der Allparteilichkeit ist dafür Grundvoraussetzung; ohne sie entstehen schnell Schieflagen, etwa wenn Anerkennung selektiv wirkt. Struktur hilft, insbesondere am Anfang: Zuerst lineale Fragen zur Klärung, dann reflexive zur Vertiefung, zirkuläre für Perspektivwechsel und – wo sinnvoll – strategische Fragen für Zukunft und Lösung.

Immer auf dem Laufenden

Wenn Sie Interesse haben an weiteren Folgen der Podcast-Reihe „Fokus Mediation“ von Pascal Gemperli mit Prof. Dr. Gernot Barth, dann schauen Sie gern rein in die Folge eins „Warum unsere Gesellschaft eskaliert?“, in die Folge zwei zu innerbetrieblicher Mediation „Warum kluge Unternehmen frühzeitig Mediatoren einsetzen – bevor es teuer wird“ und Folge drei zum Aufbau von Konfliktmanagementsystemen „Konfliktmanagement im Unternehmen: Kosten senken und Kultur stärken“.

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