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Von Kurzzeit-Hedonisten und Langzeit-Genießern – Ruben Langwara u. Dirk W. Eilert für "Die Mediation"

Wie Sie die Kunst meistern, ein wahrhaft erfülltes Leben zu führen

Was macht uns glücklich – kurzzeitig und auf Dauer? Sind äußere, von uns losgelöste Umstände dafür ursächlich oder unsere Innenwelt – oder gar beides? Und was können wir aktiv dafür tun, um Glücksmomente zu erleben? Aktuelle Erkenntnisse aus der Neuro- und Emotionsforschung geben Aufschluss über diese Fragen und weisen den Weg zu einem wahrhaft glücklichen Leben.  

Was bedeutet für Sie ganz persönlich Glück? Ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt? Ein entspannendes warmes Wannenbad nach einem anstrengenden Tag? Die Zeit, die Sie mit Ihren Liebsten verbringen? Oder der Biss in einen köstlichen Schokoladenkuchen an einem sonnigen Sommertag? Vielleicht ist auch jeder dieser Momente für Sie ein Glücksmoment? Glück finden Sie überall dort, wo ein für Sie wichtiges Bedürfnis erfüllt wird. Dies spiegelt sich auch in der Wortherkunft dieses angenehmen Gefühls, nach dem wir alle in der Tiefe unseres Seins streben: „Glück“ stammt aus dem mittelhochdeutschen glückel / gelücke oder mittelniederdeutschen gelückel / lücke, was so viel bedeutet wie: „die Art, wie etwas gut ausgeht“. Glück ist gutes Gelingen und damit der zufriedenstellende und günstige Ausgang eines bestimmten Ereignisses. In unserem Sprachgebrauch nutzen wir das Wort Glück sowohl für Zufallsglück („Da habe ich aber Glück gehabt, dass das geklappt hat.“), Wohlfühlglück („Mich in die warme Wanne zu legen macht mich einfach glücklich.“) und auch für Lebensglück („Ich führe ein glückliches Leben.“).

Das Zufallsglück können leider nur Zauberer wie Harry Potter oder eine Marvel-Heldin namens Domino beeinflussen, wir Normalsterblichen leider nicht. Auf unser Wohlfühlglück wie auch auf unser Lebensglück haben wir dagegen einen sehr großen Einfluss. Auf den nächsten Seiten möchten wir für Sie das Geheimnis eines wahrhaft glücklichen Lebens lüften – anhand aktueller Erkenntnisse aus der Neuro- und Emotionsforschung. 

Die neurobiologischen Grundmotive 

Der universelle, also kulturübergreifende Auslöser eines Glücksempfindens ist die Erfüllung eines für uns wichtigen Bedürfnisses, Motivs oder emotionalen Werts. Unter einem Motiv oder auch Bedürfnis verstehen wir dabei die Präferenz eines Menschen, nach einem bestimmten wertgeladenen Zielzustand zu streben. Werte sind letztlich das gleiche wie Motive, sie sind in ihrer Anwendung lediglich breiter: Mit ihnen bewerten wir nicht nur das eigene Verhalten, sondern auch das Verhalten anderer. Motive, Bedürfnisse und Werte im Allgemeinen sind abzugrenzen von den ihnen übergeordneten neurobiologischen Grundmotiven. Bei diesen handelt es sich um die zentralen Motive menschlichen Handelns, die sich über Hormone und Neurotransmitter nachweisen lassen. Diese zu kennen und zu verstehen, erleichtert es enorm, ein glückliches Leben zu führen. Denn dann können Sie schnell erkennen, wo sich eine mögliche Bedürfnisschieflage befindet. Wohin Sie also Ihren Blick richten sollten, um das Fundament für Ihr Glücksgefühl erneut zu stärken.

Schon gewusst? Weltglücksreport 2021: In diesen Ländern ist das Glück zu Hause Soziale Sicherheit, finanzieller Wohlstand und Gesundheit – das sind die ausschlaggebenden Kriterien, anhand derer der jährlich erscheinende World Happiness Report (Weltglücksreport) ermittelt, in welchem Land die glücklichsten Menschen leben. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie spielten im Jahr 2021 eine wichtige Rolle bei der Datenerhebung. Mithilfe einer Formel haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Zufriedenheit in Finnland weltweit am höchsten ist (Wert: 7,8). Darauf folgen Dänemark und die Schweiz (beide 7,6), die Niederlande (7,5) sowie Schweden und Norwegen (beide 7,4). Gemeinsam mit Australien rangiert Deutschland auf dem fünften Platz. Mit einem Wert von 7,1 ist Costa Rica das einzige Land in den Top 10, welches dem sogenannten „globalen Süden“ zugeordnet wird. Am unglücklichsten sind die Menschen in Afghanistan (2,5), Zimbabwe (3,1) und Haiti (3,6). Innerhalb Europas erreichte die Ukraine den niedrigsten Wert (4,9). Quelle: Helliwell, John F. et al. (2021): World Happiness Report 2021. Online abrufbar unter: https://worldhappiness.report/ed/2021/.   

Können Sie sich noch an die beispielhaften Glücksmomente aus dem Einstieg erinnern? Jedes dieser Beispiele hat die Erfüllung eines der vier neurobiologischen Grundmotive beschrieben, die die Forschung identifiziert hat. Diese lauten: Durchsetzung, Ordnung, Harmonie und Inspiration. Auf neurobiologischer Ebene werden diese vier Grundmotive durch vier Botenstoffe befeuert: Testosteron, Cortisol, Oxytocin und Dopamin. Die neurobiologische Verankerung der Grundmotive ist der Grund, warum jeder Mensch nach deren Erfüllung strebt. Möchten Sie Ihr Glück oder das Glück von anderen positiv beeinflussen, kommt es genau auf diese vier Grundmotive an. Denn eine dauerhafte Erfüllung und Befriedigung eines oder mehrerer Grundmotive führt laut wissenschaftlichen Studien dazu, dass unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden steigen. Schauen wir uns deshalb diese vier „Stellschrauben“ für Ihr Glückserleben etwas genauer an.

Das Grundmotiv Durchsetzung wird hauptsächlich durch das Dominanzhormon Testosteron befeuert. Dies führt dazu, dass wir Ärger oder Verachtung spüren, wenn dieses Streben blockiert wird. Wird es hingegen erfüllt, macht sich ein Gefühl von Stolz in unserer Brust breit, wie beispielsweise beim erfolgreichen Abschluss eines Projekts. Das Durchsetzungsmotiv lässt uns danach streben, mit unserem Handeln etwas zu bewirken. Hier geht es im Kern um das Erleben von Selbstwirksamkeit, Selbstbestimmung und ebenso um den Erhalt und die Förderung eines positiven Selbstwerts – der zentralen Säule unseres Wohlbefindens und unserer Gesundheit.

Verstehen wir hingegen die Welt nicht, ist also das Bedürfnis nach Ordnung verletzt, so nimmt das Stresshormon Cortisol in unserer Blutbahn zu. In diesem Fall fühlen wir uns ängstlich. Im positiven Fall, wenn also unser Grundstreben nach Ordnung erfüllt ist, spüren wir Sicherheit und Entspannung. Beispielsweise wenn Sie ein angenehmes Bad nach einem anstrengenden Tag nehmen. Sicherheit bezeichnen wir als Blanko-Ressource, denn sie ist die essenzielle Grundlage für Heilung und Entwicklung.

Während das Ordnungsmotiv unser tief verwurzeltes Bedürfnis ausdrückt, die Welt und die Ereignisse unseres Lebens einordnen und verstehen zu wollen, steht hinter dem Bedürfnis nach Harmonie das Bindungsmotiv, welches durch das auch als Kuschelhormon bekannte Oxytocin genährt wird. Wird dieses Grundmotiv verletzt, spüren wir insbesondere Trauer, wird es erfüllt, fühlen wir Liebe in all ihren Abstufungen, wenn wir zum Beispiel Zeit mit unseren Liebsten (Freunde oder Familie) verbringen. Im Harmoniemotiv zeigt sich: Menschen sind soziale Wesen. Wir streben nach einer Verbindung zu anderen Menschen und nach Zugehörigkeit. Gäbe es eine Glückshierarchie bei den Grundmotiven, dann stünde das Bindungsmotiv an erster Stelle. Das sagt auch der 84-jährige Psychiater und ehemalige Harvard-Professor George Vaillant. Und er muss es wissen. Vaillant leitete mehr als 30 Jahre eine der am längsten währenden Studien zum Thema Glück – die Grant-Studie. An dieser Studie nahmen unter anderem 268 Harvard-Absolventen der Jahrgänge 1939 bis 1945 bis zu ihrem 80. Lebensjahr teil. In einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung im Jahr 2013 antwortete Vaillant auf die Frage „Können Sie die Definition von Glück prägnant in einem Satz formulieren?“ mit folgender Aussage: „Glück ist, nicht immer alles gleich und sofort zu wollen, sondern sogar weniger zu wollen. Das heißt, seine Impulse zu kontrollieren und seinen Trieben nicht gleich nachzugeben. Die wahre Glückseligkeit liegt dann in der echten und tiefen Bindung mit anderen Menschen.“

Zu guter Letzt spielt der Belohnungsneurotransmitter Dopamin im Streben nach Inspiration die tragende Rolle. Ist dieses Grundmotiv erfüllt, spüren wir Freude und Interesse, im gegenteiligen Fall Langeweile. Auf neuronaler Ebene wird es durch das mesolimbische System abgebildet, unserem Belohnungsnetzwerk im Gehirn, beispielsweise wenn wir in einen saftigen Schokoladenkuchen beißen.

Machen Sie den Motivkompass-Glücks-TÜV!

Spüren Sie bitte für jedes Motivfeld kurz in sich hinein. Wie gut ist der jeweilige Motiv-Akku momentan gefüllt? Zeichnen Sie im Motivkompass ein, wie viele Ladebalken in Ihren Akkus für die Motivfelder Durchsetzung & Einfluss, Ordnung & Stabilität, Harmonie & Geborgenheit sowie Inspiration & Leichtigkeit momentan gefüllt sind. Dabei geht es ausdrücklich um Ihr persönliches, ganz individuelles Empfinden. Denn bei jedem Menschen kann die Stärke der jeweiligen Grundmotive vollkommen unterschiedlich ausgeprägt sein. Die folgenden Fragen haben sich für eine solche Reflexion bewährt:

  1. Durchsetzung: Inwiefern erleben Sie sich momentan als selbstwirksam, selbstbestimmt und fühlen Stolz, weil Sie als Persönlichkeit wachsen?
  2. Ordnung: Inwiefern fühlen Sie sich in Ihrer momentanen Lebenssituation sicher und können im Alltag auch immer wieder entspannen?
  3. Harmonie: Inwiefern entstehen bei Ihnen momentan im Kontakt mit anderen Menschen positive Synergien und eine positive Verbindung? Inwieweit spüren Sie Emotionen wie Liebe, Zuneigung und Dankbarkeit in Ihren Beziehungen?
  4. Inspiration: Inwiefern spüren Sie in Ihrem Alltag Leichtigkeit und sind im Kontakt mit Emotionen wie Interesse, Neugierde und Freude, vielleicht sogar Ehrfurcht?

Vielleicht sind nicht all Ihre Motiv-Akkus vollständig geladen. Allerdings werden Sie wahrscheinlich bemerkt haben, dass „nicht ganz voll“ nicht gleich unglücklich bedeutet. Glück ist kein Kippschalter, sondern vielmehr ein Schieberegler, der ein Kontinuum abbildet. Hinzu kommt, dass unser Glücksempfinden von Tag zu Tag variieren kann. Doch es gibt eine Möglichkeit, wie Sie Ihr Glücksempfinden auf einer stabilen hohen Stufe „einrasten“ können, sodass Sie quasi über einen Puffer an Glücksempfinden verfügen, der auch stressige Situationen zu überstehen hilft. Denn ein wirklich tiefes Glücksempfinden entsteht dann, wenn wir dauerhaft im Einklang mit unseren Werten, Motiven und Bedürfnissen leben.

Ein Navigator für Ihr Glückserleben – der Motivkompass®

Die vier neurobiologischen Grundmotive lassen sich in Form eines Kompasses abbilden, den Sie praktisch als „Glücks-Navigator“ nutzen können. Die Anordnung der Motivpole in diesem Kompass basiert, ebenso wie deren Benennung, auf den aktuellen Erkenntnissen der Neurowissenschaften und Psychologie zu den menschlichen Motiv- und Emotionssystemen. Die gegenüberliegenden Motivpole stellen dabei gegensätzliche Energien dar. Als Zwischenfelder zwischen diesen Polen ergeben sich im Motivkompass zwei weitere Achsen: eine vertikale Achse mit den Ausprägungen Ruhe und Aktion sowie eine horizontale Achse mit den Ausprägungen Genuss und Kontrolle. Möchten Sie den Motivkompass verstehen und anwenden, geht es weniger darum, die verschiedenen Pole dieses Spannungsfeldes mit dem Verstand zu erfassen, sondern vielmehr darum, ein Gefühl für die emotionale „Energie“ der einzelnen Pole zu bekommen.

Betrachten wir nun Glück mit dem Motivkompass vor Augen, bedeutet dies: Alle vier neurobiologischen Grundmotive sind erfüllt. Oder noch besser formuliert: Glück empfinden wir, wenn sich unsere neurobiologischen Bedürfnisse im Gleichgewicht befinden. Wir könnten somit sagen: Jedes Grundmotiv hat einen emotionalen Akku, der je nach Gemütszustand unterschiedlich stark geladen ist. In der Abbildung sehen Sie für jeden Motiv-Akku ein Spektrum von null (überhaupt nicht erfüllt) bis fünf Ladebalken (ausreichend erfüllt).

Wie Ihre Verhandlungen vom Werteglück profitieren

Wahres Glück erlangen Sie nicht, wenn Sie Ihr Lieblingslied spielen, um ein Motivfeld aufleuchten zu lassen, wenn es gerade mehr Ladung braucht. Wahre Glückseligkeit entsteht wenn das Leben in Übereinstimmung mit Ihren Werten zum Soundtrack Ihres Seins wird. Wenn sich durch eine nachhaltige Erfüllung Ihrer Grundmotive im Hintergrund ein friedvolles Grundrauschen einstellt. Diesen Zustand bezeichnen wir als Werteglück – als wahrhaftiges Lebensglück. Damit grenzen wir es sowohl vom Wohlfühlglück ab – das in Momenten auftaucht, in denen wir es uns gut gehen lassen (wenn wir z. B. ein warmes Wannenbad oder ein schmackhaft es Abendessen genießen) – als auch vom eingangs erwähnten Zufallsglück. Diese beiden Glücksarten sind nämlich meist nur von kurzer Dauer und unmittelbar an die kurzfristige Befriedigung eines Bedürfnisses gekoppelt. Werteglück erzeugt hingegen einen steten Strom tiefer Zufriedenheit – das Gefühl, dass unser vergangenes und gegenwärtiges Handeln bedeutsam ist und wir durch unser Tun auf ein sinnvolles Ziel hinsteuern. Nur so ergibt sich ein tiefes Sinngefühl, im Gleichklang mit unseren Werten zu leben.

Wichtig ist, dass sich Werte- und Wohlfühlglück nicht gegenseitig ausschließen. Weder im Leben noch in einer Mediation. So bedeutet beispielsweise ein Konsens, den wir in einer Verhandlung anstreben, im Motivkompass, dass es in Anbetracht der Lösung bei keiner Partei einen inneren Widerstand gibt. Oder positiv ausgedrückt: Die Lösung stimmt mit den Werten, Motiven und Bedürfnissen beider Parteien überein. Bei einem Kompromiss ist hingegen auf einer oder beiden Seiten mindestens ein Motiv-Akku leerer als vorher, wodurch niemand wirklich glücklich ist und vor allem nicht glücklich wird. Sind die Werte beider Parteien erfüllt, ist dies sowohl für das Wohlfühlglück als auch für das nachhaltige Werteglück gut. Denn ist der Konsens hergestellt, tritt unmittelbar ein Gefühl der Zufriedenheit und des Glücks ein und gleichzeitig fühlen sich beide Seiten sicher, dass eine dauerhafte Passung in Form einer Wertekohärenz innerhalb der Beziehung besteht. Es entsteht ein Sinnerleben in der weiteren Zusammenarbeit.

Studien konnten zeigen, dass vor allem das Werteglück – auch als eudaimonisches (vs. hedonistisches) Glückserleben bezeichnet – für unser Wohlbefi nden besonders entscheidend ist. Dies zeigt sich auch auf körperlicher Ebene: Eudaimonisches Glückserleben fördert eine positive Aktivität des Immunsystems, senkt die Entzündungswerte und reguliert den Stresshormonspiegel. Das Faszinierende: Es konnte auch nachgewiesen werden, dass Werteglück positiv mit dem Volumen des insulären Cortex zusammenhängt. Als zentrales interozeptives Hirnareal empfängt die Insula sensorische Informationen aus dem Inneren des Körpers. Die Verarbeitung und Integration dieser Informationen in der Insula bilden die Grundlage für ein bewusstes Gefühlsempfinden und körperliches Selbsterleben sowie für das empathische Verstehen anderer Personen. Eudaimonisches Glücksempfinden sorgt also dafür, dass ein Mensch sowohl bessere Beziehungen mit anderen als auch mit sich selbst eingehen kann.

Vielleicht fragen Sie sich nun, was im Gehirn bei Wohlfühlglück vor sich geht, wenn wir doch so sehr für das Werteglück „werben“? Lassen Sie uns deshalb das Wohlfühlglück einmal im Hirnscanner betrachten und herausfi nden, welche Gefahren ein Leben im Kurzzeit-Hedonismus – dem ständigen Jagen nach kurzfristigen Glückserlebnissen – birgt. Die Schattenseiten des Wohlfühlglücks Um Glück im Gehirn zu sehen, betrachten Forscher vor allem das subcorticale Belohnungsnetzwerk.

Der auch als mesolimbisches System bezeichnete Schaltkreis ist für die unbewusste Entstehung angenehmer Emotionen zuständig. Es regt andere Hirnregionen, wie den Hypothalamus und die Hypophyse, zur Ausschüttung hirneigener „Belohnungsstoff e“ an (Opioide und Cannabinoide). Indem es Glücksgefühle fördert, verstärkt es die damit verbundenen Verhaltensweisen und spielt auch bei der Entstehung von Süchten die Schlüsselrolle. Genau dies kann uns zum Verhängnis werden, wenn wir stets nach dem nächsten Glückshighlight streben. Denn das subcorticale Belohnungsnetzwerk und das zentrale Steuerungsnetzwerk (oder auch Arbeitsgedächtnis-Netzwerk genannt, dessen wichtigster Teil der dorsolaterale präfrontrale Cortex ist) konkurrieren als zwei neuronale Funktionsnetzwerke stets um Ressourcen: Sind wir emotional sehr erregt, zum Beispiel euphorisch, fährt der präfrontale Cortex, der für die Emotionsregulation und situationsangemessenes Handeln zuständig ist, herunter. Diesen Effekt bezeichnen wir auch als mesolimbisches Hijacking. Das Belohnungsnetzwerk kapert die Ressourcen des Steuerungsnetzwerks.

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die eine oder andere Situation im Schulunterricht, in der Ihr Gehirn durch ein mesolimbisches Hijacking die bösen Blicke des Lehrers auf Sie gezogen hat. Das war genau in den Momenten der Fall, in denen Sie ein Lachen – war es noch so unangemessen – nicht unterdrücken konnten. Doch dort hören die Schattenseiten des Wohlfühlglücks nicht auf: Übermäßiges Essen, maßlose Smartphone- Nutzung und exzessives Online-Spielen sind nur einige der Schwierigkeiten, die uns ein überaktives Belohnungszentrum bescheren kann. Vor allem Teenager haben hier aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Gehirnentwicklung mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen. Denn bei ihnen ist das Belohnungsnetzwerk schon genauso aktiv wie bei einem Erwachsenen. Das Problem ist hier nur: Der orbitofrontale Cortex, der sich sowohl um die Einschätzung von Konsequenzen als auch um die Impulskontrolle kümmert, ist bei Jugendlichen noch genauso unterwickelt wie bei Kindern. Diese Kombination aus reifem Belohnungssystem und unreifem Kontrollsystem macht Teenager emotional empfi ndlicher und unbeherrschter als Erwachsene.

Fazit

Was lässt sich aus diesen Erkenntnissen schlussfolgern? Genießen Sie jeden Glücksmoment, der Ihnen in Ihrem Leben begegnet, und lassen Sie Ihr Belohnungsnetzwerk aufl euchten und dadurch Ihr inneres System mit emotionalen Ressourcen fl uten. Lassen Sie sich bei Ihrem Streben nach Glück allerdings nicht nur vom kurzfristigen Aufl euchten des mesolimbischen Systems leiten, sondern beziehen Sie auf Ihrem Weg vor allem Ihre Werte und Ihre Grundmotive mit ein. Denn während Wohlfühlglück meist flüchtig ist, hält nur das Werteglück dauerhaft an und trägt Sie. Wahre Glückseligkeit gedeiht nur auf einer gesunden Werte- und Bedürfnisbalance.

 

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