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Liebe als universelles systemisches Prinzip - Von Prof. Dr. Gernot Barth

Fachartikel aus 'Die Mediation'

Wir leben in „Corona-Zeiten“. Einige können das vielleicht nicht mehr hören. Deshalb, so lautete auch der Schwerpunkt
unserer letzten Ausgabe, ist der HUMOR nun umso wichtiger. Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht! Noch wichtiger als Lachen und Humor ist – nicht nur in Krisenzeiten – das emotionalste und intensivste Gefühl, das wir haben können, das Körper, Geist und Seele berührt: die LIEBE.

Liebe ist, wenn man für den anderen da ist, wenn man einander respektiert und achtet in seinen Eigenheiten, wenn man etwas Verbindendes hat und Gemeinschaftlichkeit herstellt. Ich möchte hier nicht über Paarbeziehungen reden, das machen unter anderen Michael Cöllen und Kurt Starke in diesem Heft.

Ich denke, Liebe ist ein universelles systemisches Prinzip, wenn man sie im Kern so definiert, wie ich es gerade getan habe. Sie fragen sich, worauf ich hier hinauswill? Der Umgang mit Covid-19 kann uns vor Augen führen, dass unsere Gesellschaft vielleicht doch nicht nur aus hochgradigen Egomanen besteht, um es mal ganz zugespitzt zu formulieren. Für Deutschland ist es 30 Jahre nach der Wende die „erste zentrale gemeinsame Krisenerfahrung […]. Die Menschen in Ost und West ticken in dieser Krise gleich“ (Michael Kretschmer, CDU, Ministerpräsident von Sachsen). Könnte in diesem Prozess ein Projekt der Gemeinschaftlichkeit generiert werden?
Werden wir vielleicht neue Formen des respektierenden dialogischen Umgangs entwickeln? Nicht zuletzt die Verlagerung vieler Jobs ins Homeoffice während der Corona-Zeit – die wahrscheinlich auch nach der Krise in nicht wenigen Fällen von Dauer sein wird – erfordert dies wohl zwingend. Ohne einander ernst zu nehmen und zuzuhören, werden wir die Krise wohl nur unzureichend meistern.

Dialoge unter dem Aspekt der Liebe zu führen bedeutet immer, das Prinzip des Rechthabens auszuschließen und stattdessen das Prinzip der Selbstreflexion und der Selbstveränderung in den Vordergrund zu stellen – und diese nicht zuerst von der anderen Seite zu erwarten. Damit sind wir schon bei einer mediativen Gesprächsführung. Mediation ist, wer hätte das gedacht, eine Schlüsselqualifikation des modernen Menschen.

In diesem Sinne, machen wir uns also auf den Weg. Liebe ist nicht nur ein romantischer Begriff.

Dieser Text ist als Editorial in der aktuellen Ausgabe von Die Mediation Ausgabe IV 2020 erschienen.

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